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Der Geheime Name

Meine Beschäftigung mit Afrika führte mich zwangsläufig zu folgender Frage: Wie lautet der geheime Name der Giraffe? Dieses anmutige Wesen steht also dieses Mal im Mittelpunkt meiner Kunst der Verwandlung. Und in diesem Fall benötige ich, um meine Kunst ausüben zu können, den geheimen Namen.

 

Die Suche danach erfordert sorgfältige Vorbereitung. Nach frühmorgendlicher Meditation folgt ausgiebiges Studium uralter Schriften (die mottenzerfressenen Folianten, in denen ich zu diesem Behufe herumstöberte, türmen sich immer noch in heillosem Chaos auf dem Boden meines Studios). Um nicht lange Herumzureden: der Name offenbarte sich mir schließlich. Er besteht selbstverständlich nicht aus Buchstaben, wie wir sie kennen, sondern gleicht eher einem Muster und in der Nacht zeichnete ich ihn auf ein Blatt Papier.

Des Weiteren wirkte ich in der Woche zuvor einen magischen Teppich und ebendieser Teppich ziert nun in voller orangeroter und goldgelber Pracht Wand und Boden des Ateliers: vor diesem Hintergrund wird sich die Verwandlung vollziehen. Der Giraffen-Zauber soll nur wenige Stunden anhalten, wirkt dafür aber umso heftiger und ist von daher anspruchsvoll und für Anfänger völlig ungeeignet.

Unerlässlich bei der geplanten Aktion ist die Zusammenarbeit mit einem Lichtfänger, der auch zum verabredeten Zeitpunkt in meinem Atelier erscheint. Zusammen mit dem Lichtwesen - ein weibliches - welches wir für diesen Anlass erwählt haben. Oder hat es uns erwählt? Bei Lichtwesen weiß man das nie so genau… Auf jeden Fall, die beiden sind guter Dinge. Genau wie meine Wenigkeit.

Während der Lichtfänger seine Apparaturen aufbaut, erlaubt mir das Lichtwesen, mit dem Auftragen der Farbe zu beginnen. Das freut mich. Mir scheint, als hätte die Farbe in den Tiegeln heute eine besonders starke Leuchtkraft: Die Magie dieses Ortes ist von exzellenter Beschaffenheit, wie ich schon zu anderen Gelegenheiten wahrnehmen konnte. Wie gewohnt lässt die Farbkraft und Leuchtintensität mich auf die nächsthöhere Ebene aufsteigen, Farben, Klänge und unzählige weitere, eher unterschwellige Wahrnehmungen, verbinden und vermischen sich. Ein Gefühl, als würde ein gleichzeitig tief-und hochfrequentes Vibrieren durch meine Wahrnehmungskanäle geistern. So ist es jedes Mal, soweit läuft also alles nach Plan.

Das Lichtwesen scheint für diesen Zauber besonders empfänglich zu sein. Mit Licht male ich den geheimen Namen auf ihre Haut. Lichtwesen werfen keinen Schatten, sie tragen ihn. Dieses trägt ihn auf dem Arm, auf dem linken Arm: Exquisit. Ich fixiere den Schatten in Violett und befestige den Zauber mit einer rosafarbenen Fingerspitze.

Zeit hat nun jede Bedeutung verloren, deswegen ist es eigentlich sinnlos zu sagen, wie lange das Weben des Verwandlungs-Zaubers eigentlich dauert.

Als es schließlich vollbracht ist, bewegt sich das Lichtwesen in der ihm eigenen natürlichen Anmut und geht völlig in der Verwandlung auf. Das Muster des geheimen Namens wird lebendig und beginnt zu tanzen.

Satt und müde lächelnd fläze ich mich in meinen alten, durchgesessenen Korbstuhl und schaue dem Wirken des Lichtfängers zu, der alsdann mit seinem Werk beginnt.

Alles ist gut.

Die bei dieser Aktion entstandenen Fotos sind unter Bodypainting zu finden, in Kürze folgen weitere.

Fotograf („der Lichtfänger“): Daniel Bierstedt (www.danielbierstedt.de)

Model („das Lichtwesen“): Tascha van Ginger (www.facebook.com/Tascha-van-Ginger)

Bodypainting („meine Wenigkeit“): Martin Welzel 

Hintergrund („der magische Teppich“): Acryl auf Leinwand, 400 cm x 160 cm

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