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Auf der dunklen Seite der Platte

Schon vor drei Jahren berichtete ich ausführlich über meine große Leidenschaft, das Musikhören (siehe Eintrag vom 17. Juli 2020 „Magic Elpi“).

Genuss und Freude am Schallplattenhören sind mir inzwischen immer mehr zur unverzichtbaren Gewohnheit geworden, doch aus meinen bisherigen Ausführungen dürfte klar hervorgegangen sein, dass auch bei dieser scheinbar harmlosen Tätigkeit das Element des Phantastischen eine große, nein, eine zentrale Rolle spielt.

 

Verantwortlich für die Musikwiedergabe in der Anlage eines echten Phantasten wie mir, ist der Geist in der Maschine. Diese unkonventionelle Kombination führt, wie schon beschrieben, zu einer sehr intensiven Musikerfahrung, welche aber nicht nur schöne Eindrücke erzeugt, sondern leider auch negative Auswirkungen haben kann.

 

 

Dies lässt sich am einfachsten erklären, indem ich nun im Folgenden erzähle, was mir beim Musikhören passiert ist.

 

 

Im Allgemeinen führt in meiner Behausung das Betätigen des Einschaltknopfes der Stereoanlage in Verbindung mit dem großzügigen Hantieren an der Lautstärke-Regelung zu einem sofortigen Start in die höheren Umlaufbahnen der Musik- und Klangwahrnehmung. Sehr erstaunt war ich also, als ich feststellen musste, dass beim Auflegen bestimmter Platten die Wahrnehmung stark beeinträchtigt wirkte: anstatt die Geister fliegen zu sehen, wirkten dieselben irgendwie an den Boden gefesselt, das Klangbild stark eingeengt, alles wie mit schweren Ketten gebunden.

 

 

Eine systematische Untersuchung meines Bestandes führte zu folgendem Resultat: Alle LPs, welche ich in einer bestimmten Phase meiner Forschungstätigkeit als Phantast, insbesondere bestimmter Bereiche der Dämonenkunde, zwecks Entspannung gehört hatte, waren mit dem oben beschriebenen Makel behaftet. Was nun beim eher konventionell orientierten Musikhörer zu ratlosem Am-Kopf-Kratzen führen würde, löste bei mir als Phantasten ein heftiges Klingeln meiner internen Alarmsirenen und den Griff nach speziellem wissenschaftlichem Gerät aus.

 

 

Beim Blick durch meine Spiegelbrille wurde der aufkeimende Verdacht sogleich aufs unangenehmste bestätigt. Diese Brille, deren Gläser bekanntlich auf der Innenseite verspiegelt sind (siehe Eintrag vom 27. November 2020 "Die Spiegelbrille ..."), erlaubt einen sehr guten Einblick in den Toten Winkel, in welchem eventuell vorhandene Dämonen sich bekanntlich gerne einquartieren. So auch in diesem Fall.

 

 

Das unangenehm aussehende Geschöpf saß grinsend in seiner Ecke, offenbar hatte es sich schon länger dort bequem gemacht. Es musste sich hierbei um eine besonders heimtückische Art handeln, denn im Normalfall werden Dämonen von Musik in derartig hoher Lautstärke, wie ich sie bevorzuge, vertrieben.  

 

 

Wie auch immer, der Dämon war offensichtlich schon vor langer Zeit von der Musik angelockt worden anstatt vertrieben zu werden und ernährte sich seitdem von den Klängen aus meiner Plattensammlung. Einige Dutzend Exemplare waren schon von ihm befallen. Verfucht, wie der Fachmann sagt. Der Fluch bewirkte nun eine unlösbare Bindung des Dämons an die betreffenden Tonträger und lässt sich leider nicht mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln wieder lösen.

 

 

Mir blieb nur Schadensbegrenzung und so bannte ich den Dämon zusammen mit den verfluchten Platten in eine Kiste, welche ich seitdem, magisch gesichert selbstverständlich, inmitten meiner Plattensammlung aufbewahre. Zur Mahnung an meine eigene Unvorsichtigkeit und zur Abschreckung weiterer Dämonen dieser Art.

 

 

Die befallenen Platten habe ich inzwischen zum Teil wieder nachgekauft. Sicherheitshalber achtete ich beim Kauf auf einen bestimmten Vermerk auf dem Cover. Dieser lautet „Remastered“. Dieser Begriff ist nicht bloß ein leerer Marketingbegriff, sondern ein verschlüsselter Hinweis an den kundigen Phantasten, dass diese Platten einem bestimmten Verfahren zur Abwehr genau dieser speziellen Abart von Dämonen unterzogen wurden. Sie werden vor dem Verkauf in einem gesonderten Produktionsschritt von einem Meister der Dämonenkunde („…master“) einmal rückwärts („re…“) abgespielt und somit für die Plagegeister ungenießbar gemacht. Der Phantast nennt diesen Vorgang „zurückmeistern“.

 

 

Gut wenn man es weiß …

 

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